Toxische Positivität ist leider gang und gäbe in den sozialen Medien. Darum möchte ich hier über etwas schreiben, das mich persönlich triggert und bei dem ich der Meinung bin, dass es noch viel Aufklärung braucht. Natürlich mache ich am Schluss noch einen Lösungsvorschlag.
Es geht um Aussagen, die in der Mental-Health-Bubble und Coachingszene öfters herumgeistern. Ganz besonders haben es mir folgende Aussagen angetan:
«Du steuerst mit deinen Gedanken, wie es dir geht.»
«Du alleine bist verantwortlich für deinen Zustand.»
«Du entscheidest, wie es dir geht.»
Diese Memes werden zigtausendmal gelikt, geteilt und mit vielen Pray-Emojis unterlegt.
Vordergründig klingen diese Aussagen aber auch so gut! Zu gut! Und sie sind meist auch gut gemeint – hoffe ich jedenfalls.
Wenn nett gemeinte Aussagen psychische Krankheiten stigmatisieren
Trotzdem sind solche Aussagen toxisch. Vor allem für Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Krankheiten. Denn diese Aussagen leugnen die Existenz psychischer Erkrankungen, schieben die Schuld auf die Betroffenen und gaukeln eine einfache Lösung vor, die es in der Realität nicht gibt.
Das Dumme ist ja, dass alles einen wahren Kern besitzt. Klar hilft ein positives Mindset, Herausforderungen zu meistern. Es ist ein Zeichen von Resilienz, Krisen mit einer positiven Haltung zu meistern. Und es stimmt, dass unsere Gedanken unsere Emotionen beeinflussen – und umgekehrt.
Gleichzeitig sind diese Aussagen jedoch so vage formuliert, dass sie einen riesigen Interpretationsspielraum lassen. Und so anderen Menschen, die gerade in einer Krise stecken, grossen Schaden zufügen können.
Psychische Erkrankungen – alles nur Einstellungssache?
Als ich einer Depression litt, fühlte ich mich enorm schuldig. Dafür, dass ich morgens nicht aus dem Bett kam und dass ich zu nichts Lust hatte. Dass ich nicht richtig für meinen Partner da sein konnte. Es ging mir schlecht, weil ich wusste, dass mein Leben mich doch eigentlich reich beschenkte! Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als aus diesem Strudel herauszugelangen. Einfach an etwas anderes denken zu können.
Das funktionierte natürlich nicht. Denn psychische Krankheiten wie Depressionen sind eben Krankheiten. Und da gibt es Phasen, in denen man sich den Zustand nicht einfach wegdenken kann. Und das sollte man übrigens auch sonst nicht tun.
Solche Aussagen schaden also, weil sie Menschen, die sowieso schon am Boden sind, enorm unter Druck setzen und ihre Schuldgefühle noch verstärken. Alles nur Einstellungssache? Alles nur in unserem Kopf? Bin ich einfach zu schwach für diese Welt?
Nein, denn: Depressionen sind keine Einstellungssache!
Toxische Aussagen entstehen aufgrund Unwissen
Für mich ist klar, dass diese Aussagen auf falschen Annahmen basieren. Darauf, dass diese Menschen sich offensichtlich nicht richtig mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Darauf, dass sie Depressionen mit schlechter Laune und negativer Lebenseinstellung verwechseln.
Doch das ist fatal, denn sehr viele Menschen mit psychischen Problemen suchen sich online Hilfe. Und wir alle tragen eine grosse Verantwortung dafür, die Informationen, die wir dort publizieren, für diese Menschen richtig in den richtigen Kontext zu stellen.
Und Betroffenen kann ich nur ans Herz legen: Lass dir bloss keinen Druck aufsetzen. Bitte glaube diesen Aussagen nicht. Erkenne sie als das, was sie sind: toxische, unreflektierte Aussagen.
Wie kannst du Positivität konstruktiv in dein Leben lassen?
Ich habe von einer Youtuberin das «Konzept des Leiternbauens» gelernt. Da geht es darum, sich auf sanfte Weise in kleinen Schritten aus dem eigenen Loch zu holen. Zum Beispiel:
- Dich aus dem Bett schälen und Lieblingskleidung anziehen
- Dir Tee machen
- Musik hören
- Tagebuch schreiben
- Mit einem lieben Menschen sprechen
- Spazieren gehen und auf schöne Details achten
Und das alles in deinem Tempo. Und ganz wichtig daran: Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn es langsam vorangeht. Oder es mal gar nicht funktioniert. Das macht dich nicht zu einem schlechteren Menschen – im Gegenteil. Weil du auf dich achtest.
Diese Methode vereint also den wahren Kern von Aussagen wie «Wir können alles mit unseren Gedanken verändern» mit der Realität, dass psychisch krank zu sein so richtig schwer ist. Und sie erlaubt, alle Gefühle und Zustände zuzulassen.
Fazit
Solche Aussagen, ob gut gemeint oder nicht, sind nicht hilfreich. Der Druck auf die Betroffenen wird damit enorm erhöht. Das heisst, dass wir Content Creators in dem Bereich angehalten sind, die Dinge richtig in den richtigen Kontext zu setzen und zu erklären. Und für uns Betroffene ist es empfehlenswert, solche Social-Media-Accounts aus unserem Leben zu verbannen. Denn es gibt konstruktive Wege, im Dunkeln Positives zu erkennen, das uns Sprosse für Sprosse wieder in Richtung Kraft bewegt.
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Liebe Simone
Wenn ich mit Menschen in Kontakt zu treten versuche, welche so sprachgewandt sind wie Du, dann wird für mich vor lauter Unsicherheit jede Kommasetzung & jeder Satz zu einer Herausforderung. Ich habe nicht studiert sondern vor 40 Jahren „nur“ das KV gemacht. Auch konnte ich mich danach nicht so weiterbilden, dass ich als Wortakrobatin auftreten könnte. Versuche lediglich bis zum heutigen Tage meine franz., engl. & ital. Kenntnisse, durch Lesen entspr. Lektüre & Sendungen in jeweil. Sprachen zu schauen, zu erweitern. Bei mir ging’s spätestens ab dem 14. Lebensjahr, mal mehr, mal weniger nur ums Aushalten des Daseins. Häufige Infektionen seit ich 5jährig bin. Schlafstörungen seit dem 6. Lj. & seit 25 Jahren kaum noch Erholung im Schlaf. 1. Suizidversuch m. 16. Konkurrenzkampf/-druck mit Stiefbruder seit 4. Lj. Mit 30, als mir, aufgrund von sich mehrenden krankheitsbedi. Arbeitsausfällen, der Arbeitgeber nach 1 3wöchigen Kuraufenthalt die Kündigung nahelegte, war das Selbstbewusstsein vollends weg. 1.Therapie mit 16 – diese & weitere brach ich immer ab, weil ich keine Medis nehmen, sondern reden wollte. Ich wollte eigentlich überhaupt nichts mit Krankheiten zutun haben. Hänseleien dbzgl. & die Tatsache, dass Eltern & Oma, v.a. aber Mutter immer Medis schluckten – Mutter war bis zu meinem 10.Lj. mehr im Kh. als zuhause – machte mich richtig aggressiv. Zudem hatte ich mir bereits in der Primarschule geschworen, dass ich niiiieeemals – wie meine Mutter – sagen werde: „ich kann leider nicht anders“. Also 1, 2 Sitzungen & mir ging’s besser – „oberflächlich“, aber das wusste ich da noch nicht. Ich sagte lediglich ab & an: „das kann keine Depression sein“. In den 80ern gehörten dazu „nur“ einige wenige Symptome. Mit 30 folgte die Borderline-Diagnose & general. Angststörung & Anorexie. Zwischen 30 & 40 noch PTBS, kPTBS, HSP, Emetophobie & andere…, Fibromyalgie, somatoforme Schmerzstörung, CFS. Ohne Medis geht’s seit 25 J. nicht mehr, aber ich vertrage die meisten schlecht bis gar nicht & nach Einnahme von 1.25mg Temesta liege ich flach. COVID-Impfung war bisher U.A. aus Panik nicht möglich. Bin absolut keine Impfgegnerin – seit 2.5 J. nur noch mit Maske & 1Weg Handschuhen unterwegs – Letzteres in wärmeren Jahresz. bzgl. Diskrim. besonders herausfordernd. Aufgrund meines schlechten Allgem.zustandes kann ich ohnehin nur noch ca. alle 2 Wochen aus dem Haus. Ich danke Dir aus tiefstem Herzen für Dein Engagement – in jdr Hinsicht!!! Am 11.9. (… 😉 ) werde ich 55. Leid & Freud v. Lebewesen gingen mir meist (zu) nah. Verletzend gegenüber Menschen, v.a. Mutter, Adoptivvater & -bruder wurde ich erst ab 30.Lj. Ich redete & redete, schrieb 100te von Briefen & Mails, um Ihnen mein „Innenleben“, meinen Neid, meine Wut, meine tootale Verzweiflung u.a.m., verständlich zu machen. Meine Mutter fiel mir immer wieder in den Rücken. Ihre Sorgen lud sie bei mir aber niemals bei ihrem Adoptivsohn ab (hatte seine Gründe die ich zwar nachvollziehen, aber als Erklärung für den Missbrauch an mir lange nicht akzeptieren konnte). Adoptivvater hatte Abneigung bis Wut & Hass gegen/auf mich, je grösser ich wurde & Mutter & mich verteidigte. Zudem war ihm das Wesen seines leibl. Sohnes viel lieber/angenehmer als meines. Ich entschuldigte mich 1000x aus tiefstem Herzen f. meine Verletzungen. Sie hingegen reagierten nur, wenn ich mal wieder lauter wurde. So wurde ich noch unsicherer. Selbstvertrauen -1000%. Zudem immer wieder weitere „Familien“angehörige, die äusserten: „stell dich nicht so an“, „vergiss das doch endlich“, „wenn du wolltest, dann… etc.. Von den nahen Verwandten (ausser Oma & Opa), die 2. WK überlebten, in der DDR aufwuchsen/lebten, sowie jenen in Ägypten, konnte bzw. kann ich erst recht nicht auf Verständnis stossen. Das kann ich schon lange nachvollziehen, aber schmerzen tut es bis heute – mal mehr, mal weniger.
Ich bin keine 2 Monate auf Twitter & verstehe die Welt endgültig nicht mehr. Für mich werden z Bsp. bzgl. Cancel Culture so viele Dinge erklärt, die, wie soll ich sagen, die in meinem Kopf als selbstverständlich abgespeichert sind.
Für Diskriminierung gibt es über 200 Synonyme. Das ist für mich der Horror. Ich getraue mich, gerade auf Twitter, kaum einmal zu äußern. Ich wurde früher auch gemobbt in der Schule & auch „im Ausgang. Damals sah man mir deutlich an, dass ich ein Mischling bin. Für mich persönlich ist das Wort Mischling bis heute kein Problem. Ich bin stolz darauf einer zu sein – auch wenn mein Adoptivvater mich aus diesem Grunde immer weniger mochte. Denn „normale“ waschechte Emmentaler (er/mein Adop.bruder bspw.) haben ein anderes Temperament als Ägypter (wie geht’s in einem Kaffeehaus in Kairo zu & wie an einem Stammtisch in Langnau i.E….? da liegen Welten dazwischen). Wenn mir jemand sagte „du hast den Rhythmus eben im Blut“ empfand ich das als Kompliment & fühlte mich alles andere als diskriminiert. Was mir viel mehr zu schaffen macht, so dass ich heute nur noch weinen konnte, ist das „nicht zur Gesellschaft zu gehören“. Bin ich zu dumm – gerade für Twitter? Diese ganzen Bubbles… Bin zu 100% davon überzeugt: könnte ich bei meinem Lebenslauf mind. 1 Bachelorabschluss & gewisse Connections aufführen & wäre nicht schon so ne alte, kranke Frau, ich würde „Anschluss“ & Gehör finden. Doch auch mit jedem Tweet der mir meine sprachlichen Unzulänglichkeiten vor Augen hält, werde ich unsicherer, kommt Selbsthass wie seit Jahren nicht mehr, noch grössere Einsamkeit & Trauer. Ich kann leider die meiste Zeit nur noch liegen und hatte gehofft, mittels Twitter in Kontakt mit der Außenwelt zu kommen & mich auch ab & an einzubringen. Aber mit jedem Tag getraue ich mich weniger. Angst, mein Beitrag könnte Trigger oder Schreibfehler enthalten. Habe sooo oft versucht, Menschen für psych. Krankheiten zu sensibilisieren. Geist & Körper sind erschöpft vom (Ueberlebens)Kampf. Was ich v.a. in den letzten 25 Jahren gelernt habe: je weniger Selbstsicherheit vorhanden ist, desto verletzlicher (ein Teufelskreis). Humor habe ich zum Glück immer noch, und ich bekomme das ganze Elend auf der Welt jeden Tag mit. Gerade deshalb gerate ich manchmal an meine Grenzen wenn Sätze auseinandergepflückt werden, od. wir Menschen aus einer Mücke einen Elephanten machen. Ich getraue mich auch nicht zu twittern, dass die Gendergerechte Sprache nun wirklich nicht das Hauptproblem darstellt, sondern, ,die Millionen v. hungernden Menschen mit ungenügendem od. gar fehlendem Zugang zu sanitären Einrichtungen & medizinischer Versorgung. Od. auch allgemein steigende Armut & die sich zuspitzende Lage im Gesundheitswesen. Für mich ist sonnenklar, dass das MEINE Meinung ist. Ach, es gibt so viele Sachen/Themen/Brennpunkte.
Ich bin froh, dass es Menschen wie Dich gibt. Danke für Deinen Einsatz!!! DU hast die Ressourcen, um Dir Gehör zu verschaffen & wertvolle Tipps zu geben.
DANKE & liebe Grüsse
Mona
Liebe Mona! Ich danke dir für deinen offenen und ehrlichen Kommentar! Das gibt es wirklich selten und ich bin froh, dass du ihn geschrieben hast. Vielen vielen Dank auch für dein positives Feedback!
Es tut mir sehr leid zu hören, dass du durch so viele persönliche Höllen musstest. Die letzten zwei Waren besonders anspruchsvoll – in vielerlei Hinsicht! Ich kann das nur bestätigen.
Aber bitte lass dich wegen „unperfekter“ Sprache nicht aufhalten, deine Stimme zu nutzen. Denn deine Stimme ist wichtig! Wir dürfen Fehler machen, und wir dürfen dazulernen. Und: wir müssen uns nicht jede Bemerkung so zu Herzen nehmen. Twitter ist echt ein hartes Pflaster und ich nehme an, du hast meine Kämpfe da auch schon mitbekommen. Und dass ich sehr viele Schreibfehler mache. 😀
Schön dass du da bist und schön, dass es dich gibt und wir uns hier getroffen haben. Wenn ich irgend etwas für dich tun kann, melde dich bei mir!